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Archivalie des Monats April

Das Wieslocher Stadtarchiv hat weit mehr zu bieten, als alte, staubige Unterlagen, die „kein Mensch mehr braucht“. Ganz im Gegenteil, es ist eine Schatzkammer für das historische Gedächtnis unserer Stadt, die auf eine lange, vielfältige und spannende Geschichte zurückblicken kann. Einige der Schmuckstücke des Archivs werden ab sofort in Form der „Archivalie des Monats“ präsentiert. Kurze, erläuternde Texte liefern die dazugehörigen Hintergrundinformationen. 

Ton-Rundfunkgenehmigung der Deutschen Bundespost von 1959 - April 2024

Vorderseite des ausgefüllten Vordrucks einer Ton-Rundfunkgenehmigung der Deutschen Bundespost.
Rückseite des ausgefüllten Vordrucks.

Im April bekommen Sie was zu hören. Das kann jeder bestätigen, der die Wetterkapriolen der letzten Wochen mitverfolgt und dabei auch das ein oder andere Donnergrollen vernommen hat. Um beim Thema Hören zu bleiben, schlagen wir einen inhaltlichen Bogen zu einer Institution, für dessen Nutzung das Hören essenziell ist: den Tonrundfunk.

Zunächst ein kleiner historischer Exkurs:
1923 ging die Funk-Stunde Berlin auf Sendung, der erste Rundfunksender Deutschlands. Mit seiner Einführung kam es auch erstmalig zur Erhebung von Rundfunkgebühren, beginnend mit einer Jahresgebühr von 25 Mark, die im Zuge der Inflationszeit rasch auf bis zu 60 Mark erhöht wurde. Ein stolzer Preis, den sich viele nicht leisten konnten. Die offizielle Zuhörerzahl hielt sich deshalb anfänglich stark in Grenzen und es gab viele Schwarzhörer, die auf zum Teil selbst gebastelten Geräten heimlich den Sendungen lauschten. Erst, als man sich vom alten Gebührenmodell verabschiedete und es zur Einführung einer Monatsgebühr von 2 Reichsmark pro Gerät kam, erhöhte sich die Zahl der legalen Zuhörer schnell und die Rundfunkprogramme erfreuten sich – Jahrzehnte, bevor die ersten Fernseher Einzug in die Privathaushalte hielten – zunehmender Beliebtheit.

Mit dem weiteren Ausbau der Sendeanstalten und der stetig wachsenden Verbreitung der Rundfunkempfänger kam es 1931 zum Erlass gesetzlich verankerter „Bestimmungen über den Rundfunk“, welche die Rechte und Pflichten der Hörer detailliert regelten. Diese Bestimmungen behielten ihre Gültigkeit auch noch lange nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland, was sich auch auf unserer Archivalie des Monats April ablesen lässt. Allerdings hatte das Radio 1959 bereits einen ernstzunehmenden Konkurrenten bekommen, der sich zunehmender Beliebtheit erfreute: Den oben erwähnten Fernseher. Aus diesem Grund wurde zu jener Zeit bereits zwischen Ton-Rundfunkgenehmigungen und Fernseh-Rundfunkgenehmigungen differenziert. Letztere waren teurer, was auch jahrzehntelang so blieb, bis 2013 die Rundfunkgebühren durch den Rundfunkbeitrag abgelöst wurden.

Die hier abgebildete Ton-Rundfunkgenehmigung war für das Bürgermeisteramt der damals noch eigenständigen Gemeinde Schatthausen ausgestellt worden. Für die Ausstellung der Genehmigungen war die Bundespost zuständig. Bei der näheren Betrachtung des ausgefüllten Vordrucks fällt auf, dass hier das Wort „Schulfunk“ handschriftlich beigefügt wurde. Dabei handelte es sich um speziell auf Schulkinder zugeschnittene Bildungsprogramme, die zugleich durchaus unterhaltenden Charakter hatten. Insbesondere in den 1950er- und 1960er-Jahren erfreute sich der Schulfunk großer Beliebtheit und oft wurden zum Zweck seines Empfangs Radios in den öffentlichen Schulen aufgestellt. Der Schulfunk wurde dann zur Ergänzung und Auflockerung des Unterrichts von den Lehrkräften begleitet abgespielt. Es steht zu vermuten, dass sich die abgebildete Genehmigung auf ein in der damaligen christlichen Gemeinschaftsschule Schatthausen befindliches Gerät bezieht.

„Video Killed the Radio Star“ sangen die Buggles 1979, doch die weiteren Entwicklungen haben die Schöpfer dieses Liedes eines Besseren belehrt. Das Medium Radio und mit ihm der Ton-Rundfunk ist trotz eines immer vielfältigeren Medienangebotes nicht so leicht tot zu kriegen und dürfte auch auf absehbare Zeit quicklebendig bleiben.

Stadtarchiv, Museum und Literatur über Wiesloch:

Wer nun Lust bekommen hat, sich noch eingehender mit der Geschichte Wieslochs zu beschäftigen, hat dafür vielfältige Möglichkeiten:
Unsere Seite Literatur verschafft einen guten Überblick. Jede Menge Lesestoff aus Originalquellen und historisches Bildmaterial gibt es außerdem in den Beständen des Stadtarchivs, das von allen interessierten Personen kontaktiert und nach terminlicher Abstimmung genutzt werden kann. Außerdem sei Ihnen ein Besuch des Städtischen Museums im mittelalterlichen Wehrturm „Dörndl“ nahegelegt, das in zentraler Stadtlage auf seiner Ausstellungsfläche allerlei Anschauliches zu den Themen Wieslocher Bergbau, frühe Besiedlungsgeschichte und vieles mehr zu bieten hat. Das Städtische Museum ist jeden Sonntag von 14 bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt ist kostenlos.