Klimaschutzkonzept
Der Gemeinderat der Stadt Wiesloch hat im Oktober 2021 mit großer Mehrheit das Integriertes Klimaschutzkonzept beschlossen. Dem vorausgegangen war ein Prozess mit öffentlichen Online-Klimakonferenzen und einer Online-Befragung, bei der sich insgesamt 263 Bürgerinnen und Bürger beteiligt und ihre Ideen für ein klimaneutrales Wiesloch 2040 eingebracht haben.
Im Klimaschutzkonzept werden auf Grundlage einer Energie- und CO2 -Bilanz die Energieeinsparpotenziale in verschiedenen Sektoren erfasst. Die Energie- und Treibhausgasbilanzen der Stadt Wiesloch können auch online eingesehen werden.
Darauf aufbauend wurde ein Maßnahmenkatalog mit insgesamt 48 konkreten Handlungsempfehlungen für die Bereiche Organisation, Vorreiterrolle der Stadt, Bauen und Wohnen, Energieversorgung, Gewerbe, Mobilität und Konsum verfasst. Das Konzept dient als strategische Entscheidungsgrundlage und Planungshilfe für zukünftige Klimaschutzmaßnahmen der Stadt Wiesloch.
Zusammenfassung
Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 in Deutschland zu erreichen, bedarf es umfassender Maßnahmen und Anstrengungen auf lokaler Ebene. Die Große Kreisstadt Wiesloch ist schon seit vielen Jahren im Klimaschutz aktiv und hat bereits eine Reihe von Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt. So trat die Stadt Wiesloch im Jahr 2003 dem Klima-Bündnis e.V. bei, um ihr Wissen mit anderen Kommunen zu teilen und gemeinsam Strategien für den Klimaschutz zu entwickeln. Außerdem wurde bereits 1993 ein Energiekonzept für die Stadt erstellt. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 25.09.2019 hat sich die Stadt das ambitionierte Ziel gesetzt, bis spätestens im Jahr 2040 Klimaneutralität für Wiesloch zu erreichen. 2020 wurde hierfür zudem eine Klimaschutzmanagerin in der Verwaltung eingestellt.
Das vorliegende integrierte Klimaschutzkonzept soll eine planerische Grundlage zur Erreichung dieses Ziels darstellen. Die Ermittlung der derzeitigen Emissionen in der Stadt, die Identifikation der Potenziale durch Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und Nutzung erneuerbarer Energien sowie die Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Realisierung der Potenziale stehen dabei im Mittelpunkt. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Schaffung von Strukturen für einen verstetigten Umsetzungsprozess. Dabei werden die spezifischen Verhältnisse und Aufgaben der Stadt berücksichtigt und individuell angepasste Problemlösungen aufgezeigt.
Das integrierte Klimaschutzkonzept wurde durch die EnergyEffizienz GmbH aus Lampertheim entwickelt, in intensiver Kooperation mit der Stadtverwaltung und unter umfangreicher Beteiligung der relevanten örtlichen Akteur:innen, inklusive der Bürgerschaft und des Gemeinderats.
Insgesamt werden in der Stadt Wiesloch den Berechnungen zur Bilanzierung zufolge aktuell pro Jahr rund 719.000 MWh Endenergie verbraucht und 239.000 Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Weitere zentrale Ergebnisse des Konzepts, resultierend aus der Energie- und Treibhausgasbilanzierung, Potenzialanalysen sowie der Akteursbeteiligung, werden im Folgenden anhand der drei Sektoren Wärme, Strom und Verkehr dargestellt.
Im Wärmesektor wird mit ca. 46 % die meiste Energie in der Kommune verbraucht, da überwiegend mit fossilen Energieträgern geheizt wird. Außerdem zeigt die Analyse der Baualtersklassen, dass der überwiegende Anteil der Gebäude vor 1980 errichtet wurde und dementsprechend einen hohen Wärmebedarf aufweist. Derzeit werden etwa 7 % der Wärme durch erneuerbare Energien bereitgestellt. Ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Wärmeerzeugung, insbesondere durch Wärmepumpen, Solarthermieanlagen, Holzheizungen und regenerative Nah-/Fernwärme, ist für die Emissionsreduktion in der Stadt von großer Bedeutung. Dasselbe gilt für die energetische Sanierung des Gebäudebestandes.
Auf den Stromsektor entfallen 18 % des Wieslocher Endenergieverbrauchs. Durch erneuerbare Energien werden rund 7.500 MWh/a Strom lokal erzeugt. Damit liegt der Anteil an erneuerbar erzeugtem Strom am Gesamtstromverbrauch bei 6 % (Bundesdurchschnitt im Bilanzjahr 2017: 36 %). Den größten Anteil hat dabei die Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen. Zukünftig ist mit einer Erweiterung des Anwendungsspektrums von Strom zu rechnen, so wird er verstärkt auch im Wärmesektor für den Betrieb von Wärmepumpen und im Verkehrssektor für den Ausbau der Elektromobilität eingesetzt werden. Beide Effekte tragen zu einem steigenden Stromverbrauch bei. Eine weitere Emissionssenkung lässt sich vor allem durch den weiteren Ausbau der Photovoltaik, die Realisierung des Windkraftpotenzials vor Ort und den effizienteren Einsatz von Strom realisieren.
Der Verkehrssektor, der 36 % des aktuellen Endenergieverbrauchs ausmacht, ist stark durch fossile Energieträger geprägt. Der durch den Verkehr benötigte Energieverbrauch wird zum größten Teil vom motorisierten Individualverkehr (59 %) beansprucht. Der Anteil des ÖPNV liegt bei etwa 2 %. Im Verkehrssektor zeigt die Potenzialanalyse einen besonders hohen Handlungsbedarf, da bei Fortführung des Trends mit steigenden Emissionen zu rechnen ist. Wesentliche Maßnahmen sind hierbei der Ausbau von Elektromobilität, ÖPNV, Fuß- und Radverkehr sowie die Vermeidung von Verkehrswegen.
Gemäß der Potenzialanalyse können gegenüber dem Jahr 2017 bis zum Zieljahr 2040 im Trendszenario („Business as usual“) 32 %, im Szenario „Trend ambitioniert“ (verstärkte Klimaschutzaktivitäten) 58 % und im Zielszenario „Klimaneutralität“ 90 % der Emissionen reduziert werden. Das Zielszenario „Klimaneutralität“ entspricht somit näherungsweise der Zielsetzung der Stadt Wiesloch. Eine 100-prozentige Reduktion der Emissionen ist mit den in Wiesloch vorhandenen Potenzialen sowie dem derzeitigen technologischen Stand und den gesetzlichen Rahmenbedingungen schwer zu erreichen. Weitere Handlungsmöglichkeiten in Richtung vollständiger Klimaneutralität liegen beim Schutz und Aufbau von Emissionssenken, etwa Wäldern und bepflanzten Flächen. Entsprechende Aktivitäten sind im Maßnahmenkatalog aufgeführt.
Auf Basis der Bilanzierung und der Potenzialanalyse wurden zur Realisierung der Einsparpotenziale 48 Maßnahmen für das integrierte Klimaschutzkonzept entwickelt, welche in acht Handlungsfelder eingeteilt sind. Die Handlungsfelder reichen von organisatorischen Rahmenbedingungen, der Vorreiterrolle der Stadt und Informations-, Beratungs- und Bildungsmaßnahmen bis hin zu den spezifischeren Bereichen Gebäude, erneuerbare Energien, Mobilität, Unternehmen und Konsum. Wichtig ist nun, die entwickelten Maßnahmen umzusetzen und so zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität beizutragen.